Mit "Tufting" wird ein Verfahren der Teppichherstellung bezeichnet, bei dem Garn durch nebeneinander angeordnete Nadeln (Tuftingnadeln) in ein Grundgewebe bzw. Trägermaterial eingebracht wird, um so einen Teppichflor bzw. einen Tufting-Teppich oder ein anderes textiles Flächengebilde mit dem Charakter von Florwaren zu erzeugen (1). In älteren Quellen wird die Tufting-Technik als "Nadelflor-Technologie" oder seltener auch als "Noppensetzverfahren" beschrieben.
Das Garn wird beim "Tufting" von auf einem Tufting-Gatter steckenden Garnkonen (oder von Garnbäumen) abgezogen. An einer Tuftingnadel befindet sich das Nadelöhr unten an der Spitze der Nadel, ähnlich wie bei Nähmaschinennadeln. Das Garn ist durch das Nadelöhr geführt und wird beim Durchstechen des Gewebes durch die Tuftingnadel an die Unterseite des Grundgewebes gebracht.
Hier wird die beim Durchstechen der Nadel entstandene Schlinge von einem Greifer übernommen, der die Schlinge kurzzeitig hält. Die Nadeln werden für den nächsten Stich wieder aus dem Gewebe geführt. Sobald sich die Tufting-Nadeln wieder über dem Gewebe befinden, wird das Grundgewebe für den nächsten Stich vorwärts bewegt. Aus der Länge des Vorschubs des Gewebes ergibt sich die Stichlänge, die sich an der Oberseite des Gewebes zeigt und dem Vorschub des Grundgewebes bis zum nächsten Einstechen der Tufting-Nadeln entspricht. Während dieses Vorgangs müssen sich die sich unten in der Maschine unter dem Gewebe befindlichen Greifer für den nächsten "Einsatz" vorbereiten.
Wie erwähnt hält und formt der Greifer die von der Tufting-Nadel gelieferte Garnschlinge. Je nach dem, ob die Tuftingmaschine als "Cut-Pile"-Maschine für Schnittflor bzw. Velour oder als "Loop-Pile"-Maschine für Schlingenteppich ausgestattet ist, sind die Greifer als "Loop-Looper" oder "Cut-Looper" geformt und entweder vor oder hinter den in das Gewebe eingetauchten Nadelspitzen positioniert.
Bei Loop-Maschinen für Schlingenware halten die Greifer das Garn einen kurzen Moment, damit vermieden wird, dass die Nadeln bei ihrer Rückwärtsbewegung aus dem Gewebe das eingebrachte Garn wieder herausziehen. Die Loop-Greifer müssen die geformten Schlingen rasch freigeben, um beim nächsten Eintauchen der Tufting-Nadeln die nächsten Schlingen zu übernehmen. Der Loop-Greifer hat daher nur eine kleine "Nase" ohne Haken, das Übernehmen und Loslassen der Schlingen gleicht einer Pendelbewegung.
Bei Cut-Maschinen sind hinter den Greifern Tufting-Messer angebracht, welche die geformten Schlingen aufschneiden. Der Cut-Greifer hält die Schlinge länger als der Loop-Greifer und hat einen kleinen Haken, damit die Schlinge nicht vom Greifer abrutscht. Die Cut-Greifer geben die Schlingen nicht frei wie die Loop-Greifer. Vielmehr werden die Schlingen auf den Greifern durch den Tuftvorgang nach hinten geschoben und gegen die Tuftingmesser gedrückt. Die Messer arbeiten von unten gegen die Greifer und schneiden die Schlingen auf (Scherwirkung).
Spezielle Tufting-Techniken, die von der hier beschriebenen Arbeitsweise abweichen, wie Sticktuft-Maschinen, Handtuft-Maschinen, Näh-Strick-Tuftingmaschinen wie die Kraftamatic- oder Locstitch-Tuftingmaschine, die Multi-Colour-Tuftingmaschine, die Sallee-Tuftingmaschine, die Ten-Tex Modell 63 Pass-Tuftingmaschine, die Tapistron-Tuftingmaschine CYP sowie die Ellison-Duplex-Tuftingmaschine, Honesty-Tuftingmaschine, Select-O-Shag-Tuftingmaschine und Rivet-Head-Maschine sind der Übersichtlichkeit wegen auf einer zusätzlichen Seite kurz erklärt, siehe Link. Einige der genannten Maschinen sind auf eigenen Seiten ausführlicher erläutert.
Damit der Vorgang des Tuftens einwandfrei funktioniert, ist die zeitliche Abfolge des Eintauchens der Nadeln, des Vorschubs des Gewebes sowie der Aktionszeitpunkt der Greifer und ggf. Messer bedeutsam und bedarf etwas "Fingerspitzengefühl" bei der Einstellung. Auch die Auswahl der richtigen Tufting-Werkzeuge, abgestimmt auf das Garn und ggf. auf das Grundgewebe, ist für ein sauberes Tuftbild von Bedeutung.
Als Grundgewebe bzw. Trägermaterial zum Tuften eignen sich alle Materialien, die nach dem Durchstechen mit Nadeln gute Schließeigenschaften aufweisen. Das Gewebe sollte das Garn etwas festhalten können (Florverankerungsfähigkeit). Ist das Einstichsloch durch ungeeignete Tufting-Nadeln oder durch schlechte Schließ-Eigenschaften des Grundgewebes zu groß, können keine sauberen Schlingen geformt werden, da sich das Garn bei der Rückwärtsbewegung der Tufting-Nadeln wieder aus dem Gewebe zieht. Weiterhin sollte das Grundgewebe guten Widerstand gegen Zugbeanspruchungen und Dimensionsstabilität beim Bearbeiten sowie Stabilität bei klimatischen Einflüssen bieten und verrottungsbeständig sein. Gleichzeitig sollte das Trägermaterial so beschaffen sein, daß die Tuftingnadeln das Grundgewebe leicht ohne Nadelablenkung durchstechen können. Das eingebrachte Garn darf dabei nicht durch Flusen o.ä. verunreinigt werden. Temperaturbeständigkeit, Reißfestigkeit, Schneid- und Stanzeignung ohne Ausfransen etc. sind weitere Kriterien. Je nach Art des Tufting-Teppichs werden z.B. Jutegewebe, Baumwollgewebe, Bändchengewebe oder Grundgewebe aus Vliesstoff bzw. Spinnvlies eingesetzt, die speziell zum Tuften hergestellt werden und entsprechende Eigenschaften, ggf. in Übereinstimmung mit der Nadelteilung und der Stichlänge, aufweisen.
Die Tufting-Werkzeuge sind auf das eingesetzte Garn abzustimmen, welches S- oder Z- gedrehte Garne sein können (Zwirnrichtung des Garns) und zudem grober oder feiner und mehr oder weniger stark gedreht sind. Die Garne können aus unterschiedlichsten Materialien sein, z.B. Synthetik, Wolle, Baumwolle, Jute etc. Die Auswahl richtet sich nach der Verwendung, dem Einsatzweck, der weiteren Behandlung und der Qualität des gewünschten Tufting-Teppichs. Sehr stark gedrehte Garne aus Baumwolle werden z.B. für Tumble-Twist eingesetzt, bei dem sich die Garnschlinge zusätzlich umeinander dreht, womit ein bestimmter Effekt erzielt wird. Für eine breite Palette unterschiedlicher Auslegware werden häufig extrudierte BCF-Garne verwendet. Für Badteppiche werden oft Garne aus Baumwolle oder hochbauschige Synthetik-Garne gewählt. Beliebt sind auch getuftete grobe Schlingenteppiche aus Wolle. Mit Garnen aus Polypropylen, Polyethylen oder Polyamid kann z.B. das Ausgangsmaterial für Kunstrasen getuftet werden. Feine getuftete Velour-Teppiche(2) werden oft als Auslegware im Wohn- und Objektbereich oder als Automobil-Auskleidung eingesetzt. Die eingesetzten Garne sollten verschleißfest, farbecht, reißfest und pflegeleicht sein, ggf. werden weitere Eigenschaften gefordert wie z.B. flammhemmende, antistatische, schmutzabweisende, antibakterielle etc. Soll der Teppich später gefärbt oder bedruckt werden, ist dies bei der Auswahl der Garne bzgl. Färbbarkeit und Farbaufnahmefähigkeit ebenfalls zu berücksichtigen.
Auch Tufting-Decken, Pelzimitationen, Futterwaren, Möbelstoffe, Wischmops, technische Filter, frottèähnliche Materialien etc. können getuftet werden und bedingen eigene Anforderungen an das Grund- und Polmaterial.
Beim Teppich-Tufting auf großen Tuftingmaschinen wird das Grundgewebe von der Rolle über eine Grundgewebeabwicklung abgewickelt und zum Tuften als Bahnware durch die Tuftingmaschine geführt. Zur Vermeidung von Längsstreifigkeit des Flors kann das Grundmaterial beim Tuften durch spezielle Vorrichtungen (z.B. Jute-Mover) seitlich verschoben werden. Das Trägermaterial wird hier leicht hin und her bewegt, so daß die Tuftreihen zig-zag- oder wellenförmig verlaufen. Eine andere Möglichkeit zur Vermeidung von Streifigkeit ist der Polnoppenversatz durch eine hin und her gleitende Nadelbarre (Sliding Needle Bar) mit geraden oder versetzt angeordneten Nadeln.
Nach dem Tuften wird der Rohteppich zur weiteren Behandlung (z.B. Rückenbeschichtung, Scheren etc.) am Ende der Tufting-Anlage wieder aufgerollt, meist auf Steigdockenwicklern. Vor dem Aufwickeln durchläuft der Rohteppich in der Regel einen Inspektionsstand, in dem die Ordnungsmäßigkeit der Ware geprüft wird. Fehlende Tuftreihen, die z.B. durch Fadenbruch entstanden sind, werden am Inspektionsstand mit einer Stopfpistole nachgearbeitet.
Um die Schlingen beim fertigen Tufting-Teppich dauerhaft im Grundgewebe zu halten, wird die Rückseite beschichtet, z.B. mit Latex (natürlich oder synthetisch) oder Polyurethanschaum. Die Teppich-Unterseite kann auch mit einer zweiten Gewebe-Bahn, einem Zweitrücken, beklebt werden. Ist das Grundgewebe aus Baumwolle, kann das Material durch Heißwasser-Behandlung geschrumpft werden, um die Schlingen im Gewebe zu halten. Die Wahl der Methode richtet sich u.a. nach der Verwendung des Tuft-Gutes. So werden Teppichunterseiten oft latexiert oder geschäumt oder heute wegen besserer Recycling-Eigenschaften mit einem Zweitrücken, z.B. aus Vlies, versehen. Die Rückseite von Badteppichen wird rutschhemmend beschichtet. Bei doppelseitigen Badteppichen aus Baumwolle und bei Wischmops wird das Material geschrumpft.
Die Tufting-Technik hat sich ab den 1950er Jahren in Europa verbreitet. Soweit uns bekannt ist, stammt z.B. die Tuftingmaschine Cobble STD aus Baujahren ab 1955, Cobble I aus Baujahren ab 1960, Pickering Autotuft-Maschinen haben wir mit Baujahren ab 1965 und Pickering Tuftomatik-Maschinen mit Baujahren ab 1975 verzeichnet. Es wurden im Laufe der Jahre bzw. Jahrzehnte verschiedene Mustereinrichtungen entwickelt, die beim Tuften eine Musterung im Teppichflor erzeugen. Auch durch verschiedene Scherverfahren oder durch nachträgliches Bedrucken, durch Garne mit unregelmäßiger Einfärbung, durch den bereits erwähnten Polnoppenversatz oder durch Einsatz von Garnen mit verschiedensten Spezialeffekten läßt sich die Oberflächenoptik von Teppichen heute gestalten. Seit den 1990er Jahren werden verschiedene computergesteuerte Tuftingmaschinen gebaut.
Der genaue Ursprung des Tuftens scheint nicht wirklich geklärt zu sein. Laut gängiger Literatur stammt das Tuften aus USA , wo es ursprünglich durch Einwanderer-Familien aus England und Frankreich zur Herstellung von Tagesdecken bzw. Bettüberwürfen angewendet und weiterentwickelt wurde. Noch heute sind getuftete Tagesdecken, sogenannte "Candlewicks" oder "Bedspreads", in einigen Ländern recht beliebt. Weitere geschichtliche Informationen sind in der Zeittafel zusammengetragen.
Dies ist ein grober Abriss über die Tufting-Technik. Detailliertere Informationen zu Teilung, Polhöhe und über verschiedene, auch seltenere Tufting-Techniken, finden sich auf den Folgeseiten.
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Gesamtüberblick der Informationen zu "Tufting"
Anmerkungen:
(1) Der Begriff "Tufting" wird auch für andere Techniken benutzt, die nicht der Herstellung von "textilen Flächengebilden mit dem Charakter von Florwaren" dienen. So werden z.B. "Drilling and Tufting Machines" angeboten, die zur Fertigung von Bürsten, Zahnbürsten etc. konzipiert sind. Weiterhin gibt es als "Tufting Machines" bezeichnete Kreissteppmaschinen, die kleine Kreise in Sitzbezüge für Gartenmöbel, in Matratzen o.ä. nähen, um Außenbezug und Füllung miteinander zu verbinden und optische Effekte zu erzielen. Ein kleines Handgerät zum Einsetzen von einzelnen Zierknöpfen in dicke Polsterkissen wird als "Tuftingnadel" angeboten. Diese Maschinen und Geräte betreffen jedoch nicht das Thema dieser Seiten.
(2) "Velour" wird hier verwendet als handelsübliche Bezeichnung für mit feinster Teilung und sehr kurzem Flor gefertigte Schnittflor-Tuftingteppiche mit veloursartigem Charakter (Velourstuft - in Abgrenzung zu Velours-Gewebe, Veloursvlies, Veloursleder etc.)
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